Sonntag, 17. August 2014

[Rezension] Große Ärsche auf kleinen Stühlen






  • von Benni-Mama
  • Fischer Taschenbuch
  • 238 Seiten
  • ISBN: 978-3-596-19716-3








Inhalt: Benni-Mama sucht für ihren Sohnemann einen Kita-Platz, als er schon auf der Welt ist und muss schnell feststellen, dass ihre Freundinnen recht hatten: Am besten meldet man die Kleinen an, wenn man gerade mal sicher ist, schwanger zu sein. Im Kampf um einen Betreuungsplatz schreckt sie nicht davor zurück, in ihrer Bewerbung zu lügen und schließlich schafft sie es, einen Platz in einer privaten Kindertagesstätte zu ergattern. Auf den regelmäßigen Elternabenden kommen die Erwachsenen selten auf einem gemeinsamen Konsens, es gibt keinen richtigen Essensplan, die Homepage wird von einem Vater gemacht, der nichts vom pädagogischen Konzept verstanden zu haben scheint. Die zwei Erzieherinnen haben zwar pädagogisches Fachwissen, müssen sich aber fast allen Wünschen und Ideen der Eltern beugen und wenn diese noch so abwegig sind. Dann meldet sich auch noch eine Ex-Freundin von Benni-Papa an. Chaos, Unmut und Stress sind vorprogrammiert.

Meine Meinung: Das Buch hält, was es verspricht. So große (charakterliche) Ärsche sind mir in Büchern selten begegnet...
Ich habe von diesem Buch Humor erwartet, Unterhaltung, etwas zum Schmunzeln. Etwas, worin ich meine Arbeit wiedererkenne. Stattdessen halte ich in meiner Hand ein Buch, das den Alltag in einer privaten Kita so überspitzt und furchtbar darstellt, dass ich mich schämen würde, zugeben zu müssen, als Erzieherin zu arbeiten...wenn ich es nicht besser wüsste. Es gibt bestimmt Einrichtungen, in denen läuft nicht immer alles, wie es soll. Aber wo ist das schon der Fall? Ob zwei Kolleginnen wegen Krankheit ausfallen und eine Andere schwanger wird oder jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann und man plötzlich mit 20 Kindern alleine im Gruppenraum steht. Fehler passieren und sind menschlich.
Ich arbeite als Erzieherin. In einem privaten Kindergarten. Ich habe in meiner Ausbildung in städtischen und kirchlichen Einrichtungen gearbeitet und ich kann sagen: Ja, es ist anders in einer privaten Einrichtung zu arbeiten...oder dort Eltern zu sein. Die Einrichtung ist viel mehr auf das Engagement und das Interesse der Eltern angewiesen, auf die Bereitschaft am Wochenende bei Festen zu helfen, etc.
Aber so extrem, so chaotisch, mit einer so negativen Stimmung habe ich noch keine Eltern erlebt.
Einen Praktikanten wie Thorben hätten wir am ersten Tag zur Seite genommen und ihm Klipp und Klar gesagt, wie der Hase zu laufen hat und was ihn erwartet, wenn er sich weiter SO verhält. 
Ja, auch wir kriegen manchmal kranke Kinder in die Kita gebracht. Aber im Herbst/Winter laufen nun mal 90% der Menschen mit einer Schnupfnase rum...und alles was darüber hinausgeht, wird abgeholt, wenn wir Erzieher merken, dass das Kind den Tag nicht bewältigen können wird.
Medienkonsum und Motto-Geburtstage sind ein ewiges Streitthema, bei dem meiner Meinung letzten Endes jeder selbst wissen muss, was für sein Kind und ihn selbst gut ist. 

Alles in allem ein anspruchsloses, unlustiges, nerviges Buch, das einem die Laune verdirbt und Tränen in die Augen treibt, wenn man sich nur vorstellt, dass es vielleicht irgendwo auf der Welt tatsächlich solche Leute/Kindergärten gibt.


Fazit: Ich habe kurzzeitig überlegt, diesem Buch kein "Buch" zu geben...









"Protokoll des Elternabends der Elterninitiativ-Kita Wilde Schlümpfe e.V. am 1.Dezember
Protokollantin: Ich natürlich. Therese-Mama. Wer denn sonst?
Anwesende: Die üblichen Arschlöcher

Liebe Eltern der Wilden-Schlümpfe,
eigentlich solltet Ihr hier wie immer mein Protokoll unseres Elternabends lesen können. Eine detailreiche Schilderung all der schwachsinnigen Diskussionen, Tiraden und Vorträge zu den immer gleichen Themen, die unsere Elternabende prägen. Auch den letzten.
Wie immer war mal wieder niemand anderes bereit, mir mal die lästige Protokollschreiberei abzunehmen. Wie immer haben wir stundenlang übers Essenskonzept gestritten, völlig unfruchtbare Diskussionen über das Für und Wider einer Homepage geführt und die Fragen erörtert, wie viel frische Luft unsere Kinder brauchen und wann sie zu krank sind, um in die Kita gehen zu können. Wie immer haben wir über alles geredet und am Ende nichst Konkretes beschlossen. Wie immer ist kein Schwein noch ein paar Minuten dageblieben, um mit mir zusammen noch schnell ein bisschen aufzuräumen.
Und als ich dann nach diesem langen Tag spätabends nach Hause kam und mich daransetzen wollte, aus meinen Notizen ein anständiges, der Vereinssatzung entsprechendes Protokoll zu verfassen, da ist in mir ein Entschluss gereift. Ein Entschluss, den ich Euch hiermit gern mitteilen möchte. Er lautet:
IHR KÖNNT MICH ALLE MAL!
MACHT EUREN SCHEISS IN ZUKUNFT ALLEIN!
ICH KÜNDIGE!
Ja, Ihr habt richtig gelesen. Ich, Eure nützliche Idiotin, die sich immer um den ganzen Schrott gekümmert hat, für den Ihr zu fein und zu beschäftigt wart, verschwinde jetzt einfach. Mein Vater ist gestorben, ich habe ordentlich geerbt und werde mit Therese zusammen nach Thailand auswandern, um mir meinen Traum zu erfüllen: eine kleine Pension direkt am Meer, wo ich mich um meine Gäste kümmern möchte, die meine Bemühungen hoffentlich mehr zu schätzen wissen als Ihr. Ich hoffe, Euch geht jetzt der Arsch auf Grundeis bei dem Gedanken, dass ja dann in Zukunft einer von Euch die Lohnbuchhaltung machen muss, die Protokolle schreiben, den Stress mit der Kite-Behörde bewältigen, Schwangerschaftsvertretungen organisieren, den Gemeinnützlichkeitsnachweis erbringen, Dienstpläne ausknobeln und das Kassenbuch führen. Und das alles ganz umsonst. In seiner Freizeit.
Ich kann nur sagen: Geschieht Euch recht!
Viel Spaß auf der nächsten Mitgliederversammlung.
Ich hoffe, ich sehe Euch alle nie wieder.
Eure Therese-Mama, Kümmermutti a.D."
(Große Ärsche auf kleinen Stühlen, Seite 227-228, "Elternabend")


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