Freitag, 21. Februar 2014

[Blog] Märchen

Während ein Traum das individuelle Unterbewusstsein widerspiegelt, wird in Märchen das kollektive Unterbewusstsein angesprochen und verarbeitet.
Märchen haben auf den ersten Blick nichts mit unserer Realität zu tun.
Sie sind grotesk,
sie sind irreal
sie sind phantastisch.

Und doch ist alles, was uns in einem Märchen begegnet, ein Symbol, das entschlüsselt werden will. Dazu zählen dann nicht nur die postiven Elemente der Handlung (Ideale wie: mutige Prinzen, schöne Prinzessinnen, schlaue Söhne, Hoffnung, Liebe),
sondern auch die negativen (Triebhaftes wie: neidische Stiefschwester, hasserfüllte Mutter, ängstliches Kind).

Mit dieser Symbolsprache wird der aktuelle Zustand beschrieben, in der sich die Hauptfigur befindet. Dieser ist auf unser reales Leben durchaus übertragbar.
Fehlendes Brot in "Hänsel und Gretel" steht zum Beispiel für Existenzängste, Unterforderung. Die Angst vor dem Unbekannten hält sie zurück, sich aus dieser Misere zu befreien (dunkler Wald). Schließlich wird "das Böse"(böse Stiefmutter/Hexe als Teil von uns selbst) zum Antrieb und hilft uns letzten Endes, voranzukommen.


Traum, Unterbewusstsein und Märchen sprechen die gleiche Sprache, die sogenannte 
magisch-mythologische Bildsprache.

Kinder sind von Märchen fasziniert. Sie nehmen Dinge gelassen hin, bei denen sich uns Erwachsenen die Fußnägel aufrollen. Rumpelstilzchen zerreißt sich selbst in zwei Hälften. Bei uns Erwachsenen fängt das Kopfkino an zu rattern, für die Kinder jedoch sind dies nur Worte. 

Das liegt unter anderem am Märchenjahrsiebt (Waldorfpädagogik, Rudolf Steiner):
Kinder besitzen in den ersten sieben Jahren eine komplett andere Wahrnehmung als Erwachsene. Es gibt keine Grenzen zwischen Realtität und Phantasie. Gegenstände werden belebt. Ein böser Traum ist so real wie ein blauer Fleck. Aber solange die Kinder durch Radio/TV/Kino keine grausamen Bilder  in den Kopf gesetzt kriegen, nehmen sie ein vorgelesenes Märchen nicht in dieser extremen Art und Weise wahr, wie wir. 

In Märchen ist alles möglich. Das macht sie so ansprechend für Kinder. Das macht sie so bedeutsam.
Bei der Auswahl von Märchen ist eines dabei besonders zu beachten: Die Verfremdung oder Manipulation des Inhalts hebt die heilende Wirkung eines Märchens auf. Wenn ihr euen Kindern also eine Freude machen wollt, dann lest nicht "Rapunzel - Neu verföhnt - Das Bilderbuch zum Film" oder "Küss den Frosch", sondern macht euch die Mühe (um eurer Kinder Willen) und besorgt die Originalversion des Märchens.


Eure Märchenerzählerin



PS: Passend zur Faschingszeit, in der allerlei Gestalten aus Märchen, Legenden und Geschichten durch die Straßen und Häuser geistern ;)

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